Präsentismus beschreibt das Verhalten von Arbeitnehmer:innen, wenn sie trotz gesundheitlicher Beschwerden arbeiten gehen. Die Gründe für und Folgen von Präsentismus sind vielfältig. Wir erklären dir, warum es sich für keine Seite lohnt, krank zu arbeiten.
Präsentismus leitet sich von dem englischen Wort „presenteeism“ ab und bedeutet so viel wie „Anwesenheitszwang“. Das heißt, Arbeitnehmer:innen gehen zur Arbeit, obwohl sie krank sind. Dabei kann es sich um leichte gesundheitliche Probleme wie Kopfschmerzen oder eine Allergie handeln. Allerdings gibt es das Phänomen des Präsentismus auch bei Menschen, die zum Beispiel eine Grippe oder eine schwere Erkältung haben. Wenn sie krank zur Arbeit gehen, gefährden sie nicht nur ihre Kolleg:innen, sondern legen in der Regel auch eine geringere Leistungsfähigkeit und Produktivität an den Tag.
Laut einer Studie des Instituts für Betriebliche Gesundheitsberatung geht jede:r zweite Beschäftigte manchmal, häufig oder sogar sehr häufig krank zur Arbeit, so die Techniker Krankenkasse.
Die Gründe für Präsentismus sind vielfältig. So kann etwa die Sorge, die eigenen Kolleg:innen im Stich zu lassen, eine große Rolle spielen. Dies gilt gerade für Berufszweige, in denen ein großer Personalmangel herrscht. Aber auch die Angst davor, den Arbeitsplatz zu verlieren oder eine erhoffte Beförderung nicht zu bekommen, ist ein wesentlicher Beweggrund. Nicht zuletzt steigt in vielen Unternehmen der Druck, möglichst gute Ergebnisse in hoher Selbstverantwortung zu erzielen.
Krank zur Arbeit: Folgen von Präsentismus
Präsentismus kann verschiedene Folgen mit sich bringen – und zwar nicht nur für Arbeitnehmer:innen selbst, sondern auch für Kolleg:innen und Arbeitgeber:innen. Beispielsweise steigern psychische Erkrankungen wie Depressionen das Fehlerrisiko laut einer Studie um etwa 60 Prozent.
Laut der AOK sind folgende Auswirkungen durch Präsentismus möglich:
- Anstecken von Kolleg:innen
- Produktivitätsverlust
- Höheres Risiko für Arbeitsunfälle und Fehler
- Längere Krankschreibung bis hin zu Langzeitarbeitslosigkeit: Wer sich nicht richtig auskuriert, verschleppt im Zweifel seine Krankheit und muss sich am Ende meist viel länger krankschreiben lassen. Gerade für Menschen mit geschwächtem Immunsystem kann dieser zusätzliche Stress eine doppelte Belastung bedeuten. Laut der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin kann Präsentismus das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen und und im schlimmsten Fall auch zu Langzeit-Arbeitsunfähigkeit führen.
- Eventueller Kostenfaktor für das Unternehmen: Gehst du krank zur Arbeit, bist du in der Regel weniger leistungsfähig und produktiv. Das hat nach Angaben der medizinischen Zeitschrift ASU in der Regel eine schlechtere Arbeitsqualität zur Folge, weil schneller Fehler passieren und auch das angestrebte Pensum oft nicht in der vorhergesehenen Zeit erledigt wird. Laut ASU gehe in Deutschland insgesamt fast ein Zehntel des Bruttoinlandproduktes durch Beschäftigte verloren, die krank zur Arbeit gehen. Damit seien die Kosten, die Präsentismus verursacht, mindestens genauso hoch, wie es bei Krankheitstagen der Fall sei.
Um zu vermeiden, dass du Kolleg:innen infizierst und damit in Gefahr bringst, solltest du also besser zu Hause bleiben. Auch für deine:n Chef:in beziehungsweise das Unternehmen kann dein Präsentismus negative Folgen haben, da du vermehrt Fehler machst und weniger produktiv bist. Und nicht zuletzt gefährdest du deine eigene Gesundheit, wenn du eine Krankheit nicht richtig auskurierst. Deswegen solltest du auf deinen Körper hören und zu Hause bleiben oder nach Hause gehen, wenn du dich nicht wohlfühlst.
Das kann man gegen Präsentismus tun
Um gegen Präsentismus vorzugehen, liegt es in der Verantwortung von Arbeitgeber:innnen, den Angestellten den Druck zu nehmen und ihnen nicht das Gefühl zu vermitteln, immer verfügbar sein zu müssen. Als Arbeitnehmer:in ist es wichtig, auf den eigenen Körper zu hören.
Wir haben vier grundlegende Tipps für den Umgang mit Präsentismus zusammengestellt:
- Arbeitgeber:innen als gute Vorbilder: Chef:innen der Firma sollten ein gutes Vorbild gegenüber den Angestellten sein. Das bedeutet, während des Urlaubs beispielsweise wirklich nur für Notfälle erreichbar zu sein und weder Mails zu beantworten noch Anrufe entgegenzunehmen. Bei Krankheit sollten sich sowohl Arbeitgeber:innen als auch Arbeitnehmer:innen nicht zur Arbeit schleppen, sondern zu Hause bleiben.
- Personalmangel vorbeugen: Die Angst, Kolleg:innen im Krankheitsfall im Stich zu lassen, kann durch eine gute und langfristige Personalplanung genommen werden. Arbeitgeber:innen sollten, soweit dies finanziell möglich ist, genügend Beschäftigte einstellen, damit es auch im Krankheitsfall oder zu Urlaubszeiten nicht zu Engpässen in der Belegschaft kommt. Dabei bieten sich auch Vertretungen für einzelne Mitarbeiter:innen an. Sprich als Arbeitnehmer:in an, wenn das Arbeitspensum dauerhaft zu hoch ist.
- Gespräch suchen: Beschäftigte, die zu Präsentismus neigen, sind oft auch diejenigen, die ihren Urlaub nicht in Anspruch nehmen oder während des Urlaubs arbeiten. Neigst du dazu, dann versuche das Gespräch mit deiner:deinem Vorgesetzten zu suchen, um eine gemeinsamen Lösung zu finden. Genauso können Vorgesetzte es ansprechen, wenn sie beobachten, dass Angestellte ihren Urlaub nicht zur nötigen Erholung wahrnehmen.
- Bewusste Selbstwahrnehmung: Sowohl als Arbeitgeber:in als auch als Arbeitnehmer:in solltest du lernen, die Bedürfnisse deines Körpers bewusst wahrzunehmen und zu achten. Fühle jeden Morgen in dich hinein, und gib dir selbst eine ehrliche Antwort auf die Frage, wie es dir wirklich geht. Mache dies zu einer Gewohnheit wie das tägliche Zähneputzen. Wenn es dir schlecht geht, solltest du lieber zu Hause bleiben und dich auskurieren. Wie du dir ein solches Handlungsmuster aneignest, kannst du hier nachlesen: Gewohnheiten ändern: 4 Tipps für neue Handlungsmuster.