Nachhaltigkeit nimmt für Unternehmen immer mehr an Wichtigkeit zu. Hier erfährst du, was nachhaltige Unternehmen anders machen und woran du sie erkennen kannst.
Nachhaltigkeit kann bei jedem Unternehmen etwas anders aussehen. Es gibt nicht den einen nachhaltigen Ansatz, sondern so viele, wie es Unternehmen gibt. Jedes hat andere Grundlagen dafür, sich nachhaltig zu entwickeln.
Einige Unternehmen sind beispielsweise schon aus Tradition nachhaltig: Bei ihnen ging es schon immer um den sorgsamen Umgang mit der Natur und den Menschen. Beispiele sind die Arznei- und Naturkosmetikfirmen Dr. Hauschka und Weleda.
Andere Unternehmen, wie zum Beispiel der Versicherungskonzern Allianz, haben sich in den letzen Jahren nachhaltig aufgestellt. Laut Statista belegt der Konzern den Spitzenplatz der 20 nachhaltigsten Unternehmen Deutschlands, wenn man auf ESG-Kriterien schaut. Einer der Gründe dafür ist die nachhaltige Investmentstrategie des Konzerns, mit der er aktiv den Klimaschutz unterstützt. Die Allianz zog sich in den letzen Jahren schrittweise von Unternehmen zurück, die Kohlekraftwerke bauen oder betreiben. Bei ihrer Divestment-Strategie entschied sich der Versicherungskonzern auch, keine Kohlekraftwerke mehr zu versichern. Die Allianz verfügt übrigens über Gelder von gut zwei Billionen Euro – damit kann das Unternehmen ein deutliches Zeichen für mehr Nachhaltigkeit setzen. Trotzdem gibt es hier auch Kritik, denn Öl und Gas werden weiterhin unterstützt.
So kommt Nachhaltigkeit ins Unternehmen
Nachhaltigkeit ist in Unternehmen meist eine strategische Entscheidung. Es geht darum, sich in einer nachhaltigen Wirtschaft zukunftsfähig zu positionieren. So ist beispielsweise für die Europäische Kommission die nachhaltige Wirtschaft eine der wichtigsten Prioritäten.
In nachhaltigen Unternehmen haben Umweltschutz, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und Ethik im Geschäftsleben denselben Stellenwert wie die wirtschaftlichen Ziele, etwa das Erwirtschaften von Gewinnen. Das verdeutlicht auch das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit: Alle drei Bereiche Ökologie, Soziale Gerechtigkeit und Ökonomie sind in diesem Modell gleichwertig und ergeben erst zusammen einen nachhaltigen Ansatz.
In einem nachhaltig ausgerichteten Unternehmen sind diese drei Aspekte daher fest in allen Bereichen verankert. Das reicht zum Beispiel von nachhaltigen Produkten, dem fairen Umgang mit Zulieferbetrieben und Kund:innen bis hin zu energieeffizienten Computern. Echte Nachhaltigkeit drückt sich auch in der Firmenkultur aus, etwa in flachen Hierarchien, einem achtsamen Umgang miteinander und Kritikfähigkeit.
Um Nachhaltigkeit im Unternehmen wirklich leben zu können, müssen sowohl die Geschäftsleitung als auch die Mitarbeiter:innen dahinterstehen. Das gelingt am besten mit einer gemeinsam entwickelten Strategie, die sich dann auch in den täglichen Arbeitsabläufen wiederfindet. Diesen Prozess kann zum Beispiel das Nachhaltigkeitsmanagement begleiten. Es setzt sich aus Experten:innen für Themen wie Umweltschutz oder Klimaneutralität und faire Arbeitsbedingungen zusammen. Eine weitere Aufgabe ist es, die nachhaltigen Ziele, die sich das Unternehmen gesetzt hat, im Auge zu behalten und den Fortschritt zu prüfen.
Merkmale für Nachhaltigkeit im Unternehmen
Aufgrund unterschiedlicher Geschäftsmodelle hat Nachhaltigkeit in Unternehmen viele Gesichter. Doch es gibt einige Merkmale, an denen du nachhaltige Unternehmen gleich erkennst.
Unternehmensform oder Struktur
- Gesellschaftsform: Beispielsweise die gGmbH. Sie ist eine Sonderform der GmbH, die einen gemeinnützigen Zweck in ihrer Satzung (dem Gesellschaftsvertrag) eingetragen hat. Diese soziale Unternehmensform kann deshalb Spenden annehmen und genießt einige steuerliche Vorteile. Die Gewinne kommen nicht den Eigentümer:innen zugute, sondern dem gemeinnützigen Ziel.
- Unternehmensstruktur: Ausrichtung auf den Purpose, den Sinn des Unternehmens. Hier steht der Nutzen für die Umwelt oder der Gesellschaft im Vordergrund. Purpose-Unternehmen können im Grunde jede Gesellschaftsform haben. Einige sind jedoch Stiftungen, die so die Eigentumsrechte direkt auf das Unternehmen übertragen haben. Es gibt keine:n externe:n Eigentümer:in oder Aktienhandel an der Börse. Die Suchmaschine Ecosia ist zum Beispiel diesen Weg gegangen. Andere Beispiele sind der Versandhändler Waschbär, der Biomarkt Alnatura sowie Arche Naturprodukte.
- Zertifizierung: B Corporation ist ein Siegel für nachhaltige Unternehmen. Das B steht für Benefit und drückt die Gemeinnützigkeit aus. In den USA ist die B Corporation auch eine Unternehmensform, ähnlich der gGmbH. Einige wenige deutsche Unternehmen haben den umfangreichen Zertifizierungsprozess durchlaufen. Neben Ecosia und der ethischen Triodos Bank ist auch der Hersteller von Reinigungsmitteln Ecover mit dem Siegel ausgezeichnet.
Transparenz
Mitunter gibt es keine hundertprozentig nachhaltige Lösung für Produktions- oder Vertriebsprozesse. Unternehmen stehen in dem Konflikt, dass sie durch ihre Tätigkeit entweder der Umwelt schaden, Rohstoffe verbrauchen oder CO-Emissionen verursachen. Nachhaltige Unternehmen erkennst du daran, dass sie offen damit umgehen und nach Lösungen suchen. Der Outdoor-Hersteller Patagonia beispielsweise berichtet auf seiner Website, dass die Herstellung der Kleidung nicht funktioniert, ohne Schäden für die Umwelt hervorzurufen. Patagonia ist aber nach eigener Aussage bestrebt, diese Schäden so gering wie möglich zu halten. Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser Offenheit vergab 2019 die UN den Champions of the Earth Award in der Kategorie „Unternehmertum“ an Patagonia.
Du kannst dich außerdem an Listen, Rankings oder Auszeichnungen orientieren. Einige Beispiele:
- Der Deutsche Nachhaltigkeitspreis (DNP): Das DNP-Siegel für nachhaltige Unternehmen tragen sowohl die nominierten Unternehmen, Finalisten sowie die Sieger. An dem Schriftzug im Logo erkennst du die jeweilige Kategorie, die das Unternehmen erreicht hat.
- Das Statista–Ranking der 20 nachhaltigsten Unternehmen (in Zusammenarbeit mit dem Magazin Stern). Auch in diesem Ranking sind börsennotierte Unternehmen gelistet. Viele nachhaltige Unternehmen, wie gGmbHs oder Purpose-Unternehmen, sind allerdings keine Aktiengesellschaften und damit nicht im Ranking berücksichtigt.
- Der Corporate Knights Index gibt jedes Jahr die Top 100 der nachhaltigsten Unternehmen weltweit bekannt.
- Das Institut für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) bewertet jährlich die deutschen Nachhaltigkeitsreports der Unternehmen und gibt ein Ranking ab.
Nachhaltigkeit im Unternehmen erkennst du an den Produkten
Setzt ein Unternehmen auf Nachhaltigkeit, trifft das in der Regel auch auf die Produkte zu. Nachhaltige Produkte halten ihren ökologischen Fußabdruck so gering wie möglich. Das beginnt bei den verbrauchten Rohstoffen in der Herstellung, erstreckt sich über den Energieverbrauch und die entstehenden Treibhausgasemissionen bis hin zum Abfall, der bei der Entsorgung anfällt beziehungsweise der Möglichkeit des Recyclings.
Beim Greenwashing dagegen gibt sich ein Unternehmen lediglich einen grünen Anstrich. Vielleicht sind einzelne Produkte im Sortiment nachhaltig – solche Ausnahmen machen jedoch noch kein nachhaltiges Unternehmen. Wenn nicht auch der Rest des Unternehmens Nachhaltigkeit verkörpert, wirkt das unglaubwürdig und eben nicht vollständig nachhaltig. Greenwashing ist ein Marketinginstrument und keine tiefgehende Unternehmensstrategie für mehr Nachhaltigkeit.
Echte nachhaltige Produkte kannst du zum Beispiel an diesen Punkten erkennen:
Produktentwicklung
In der Produktentwicklung wird die Grundlage für Produkte gelegt, die lange nutzbar sind und sich später recyceln lassen. Ein nachhaltiges Design unterstützt unter anderem die Kreislaufwirtschaft. Diese Wirtschaftsform ist eine Alternative zur derzeitigen konsumorientierten Wirtschaft: Statt neue Produkte zu kaufen und sie nach Gebrauch wegzuwerfen, sollen Produkte in der Kreislaufwirtschaft lange im Umlauf bleiben – zum Beispiel durch Reparieren, Tauschen oder Mieten. Am Ende können durch das Recycling der Materialien wieder neue Produkte entstehen. Diesem Modell folgen zum Beispiel Produkte oder Unternehmen, die durch Cradle to Cradle zertifiziert sind.
Tipp: Diese Cradle to Cradle Produkte gibt es schon.
Nachhaltige Siegel
Es gibt reine Bio-Siegel oder solche, die fair gehandelte Waren kennzeichnen. Oft jedoch verbinden die Qualitätsstandards Anforderungen aus beiden Kategorien. Einige Beispiele:
- Biosiegel: Das EU-Bio-Siegel und den Blauen Engel findest du auf vielen unterschiedlichen Produkten. Naturkosmetik ist mit Siegeln wie Natrue oder BDIH gekennzeichnet. Lebensmittel tragen zum Beispiel die Siegel von Bioland, Naturland oder Demeter.
- Fairer Handel: Fair-Trade- oder GEPA-Zertifizierungen finden sich auf Lebensmitteln. Nachhaltige und faire Textilien erkennst du unter anderem am GOTS-Siegel.
- Energiesparsame Geräte: Wie energieeffizient ein Elektrogerät arbeitet, zeigen dir die Energieeffizienzklassen an.
- Nachhaltige Finanzen: Nachhaltige Wertpapieranlagen tragen unter anderem das FNG-Siegel. Grüne Banken beraten dich bei nachhaltigen Geldanlagen.
Nachhaltigkeit in Unternehmen braucht auch Regeln
Für Nachhaltigkeit in Unternehmen gibt es eine Reihe von Empfehlungen sowie verpflichtende Regeln.
Weltweit geltende Empfehlungen:
- 17 SDG: Einen weltweiten Rahmen für nachhaltiges Handeln setzen die 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) oder SDGs der Vereinten Nationen. Jedes einzelne der 17 Ziele steht für eines der dringlichsten Probleme auf der Welt, wie Klimawandel, Artensterben oder Armut, Hunger und Krieg. Die 17 SDG vereinbarte die Staatengemeinschaft auf dem Klimagipfel von Paris im Jahre 2015 mit der Agenda 2030.
- SDG-Kompass: Der Kompass richtet sich speziell an Unternehmen. Damit gibt die UN Empfehlungen, wie Unternehmen die 17 Nachhaltigkeitsziele unterstützen können.
Internationale Richtlinien:
- Corporate Social Responsibility (CSR): Diese EU-Richtline ist unter anderem die Grundlage für den Nachhaltigkeitsbericht, zu dem viele der großen Unternehmen verpflichtet sind. Im sogenannten CSR-Bericht müssen sie jährlich Einblick in ihre Aktivitäten zu Umweltschutz und Förderung der Menschenrechte geben. Die EU plant, die CSR-Berichte um ein Carbon Accounting zu erweitern. Dabei sollen Unternehmen die von ihnen verursachten CO-Emissionen erfassen und bilanzieren.
- Global Reporting Initiative (GRI): Ein internationaler Standard für Nachhaltigkeitsreportings. Nach diesem Standard können unter anderem auch gemeinnützige Organisation oder Kommunen ein Nachhaltigkeitsreporting erstellen.
In Deutschland unterstützt der Deutsche Nachhaltigkeitskodex (DNK) Unternehmen bei der Erfassung von Daten für den Nachhaltigkeitsbericht sowie seiner Erstellung.
Die CSR- oder Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen sind öffentlich. Du kannst sie dir auf der Website des jeweiligen Unternehmens ansehen.
Neben dem öffentlichen Interesse nutzen auch Fondsmanager:innen die Berichte für ihre nachhaltigen Wertpapierportfolios. Um zu entscheiden, welche Wertpapiere sie in ihre Fonds aufnehmen, bewerten sie Unternehmen anhand von ESG-Kriterien. Das sind im Prinzip wieder die drei Säulen der Nachhaltigkeit: Das E steht für Umwelt (englisch: environment), das S für die soziale Säule und das G für „government“, womit die Unternehmensführung beziehungsweise die ökonomische Säule gemeint ist.
Die ESG-Kriterien geben ein ganze Reihe von Ausschlusskriterien vor. Beispielsweise können Unternehmen, deren Tätigkeit mit Kohle in Verbindung steht, nicht als nachhaltig gelten. Weitere ESG-Ausschlusskriterien sind unter anderem Verletzung der Menschenrechte, Kinderarbeit oder Korruption. Solche Ausschlüsse bewirken, dass die betroffenen Unternehmen nicht in den Fonds vertreten sind. Der Kapitalmarkt für nachhaltige Geldanlagen ist für sie nicht zugänglich. Das bedeutet, dass es für solche Unternehmen schwieriger ist, einen Kredit zu erhalten.
Übrigens: Das Onlinemagazin Ecoreporter berichtet, dass in Deutschland 2020 nachhaltige Geldanlagen etwa 335 Milliarden Euro ausmachten.