Die Niyamas sind im Yoga die ethischen Leitsätze im Umgang mit sich selbst. Dabei können diese Grundsätze eine Orientierung für ein zufriedeneres Leben bieten – egal ob du dich als Yogi betrachtest oder nicht.
Das sogenannte Ashtanga Yoga ist eine traditionelle Form des Yogas, bei dem zuerst die sogenannten Yamas und Niyamas verinnerlicht werden, bevor mit der eigentlichen Praxis begonnen wird.
Während die Yamas die Grundsätze im Umgang mit der Außenwelt behandeln und so ein friedliches Miteinander gewährleisten sollen, bilden die Niyamas das Gegenstück dazu: Sie geben uns Hilfestellung im Umgang mit unserem Körper und Selbst.
Dabei musst du nicht unbedingt regelmäßig auf der Matte stehen, um von den Niyamas zu profitieren. Die fünf Grundsätze können auch dann Inspiration für ein glücklicheres und freieres Leben bieten, wenn du kein Yoga praktizierst.
1. Niyama: Sauca, die Reinlichkeit
Sauca, das erste der fünf Niyamas, lässt sich mit „Reinlichkeit“ übersetzen. Hierbei geht es um Gründlichkeit und Sauberkeit auf allen Ebenen. Das ist nicht nur aus gesundheitlicher Sicht wichtig, sondern auch eine wichtige Voraussetzung für einen klaren Geist.
- Auf körperlicher Ebene bedeutet Sauca einen respektvollen Umgang mit unserer Gesundheit und dem Körper. Dafür sollten wir unseren Körper regelmäßig waschen. Dazu gehört auch, dass wir unseren Körper beispielsweise nicht mit schadstoffbelasteten Dingen in Berührung bringen – wir sollten uns also mit Bio-Duschgel waschen und Biokosmetik benutzen. Außerdem sollten wir über alternative Kleidung ohne Giftstoffe nachdenken.
- Selbiges gilt natürlich für unsere Nahrung: Unsere Lebensmittel sollten wenn möglich aus Bio-Qualität sein. Beim Einkaufen kannst du dich an Bio-Siegeln orientieren.
- Außerdem solltest du auch Ordnung im Haushalt halten und unnötigen Ballast loswerden. Ordnung im Außen begünstigt Ordnung im Inneren.
- Auch auf innerer Ebene ist Reinlichkeit im Yoga gefragt. Lasse negative Gedanken hinter dir und kultiviere ein reines positives Denken, das frei von jedem Verletzen ist.
- Aus einem reinen Geist entspringen ebenso reine Worte. Dieses Niyama steht auch für eine „saubere Sprache“ frei von negativen Worten.
2. Niyama: Santosha, die Zufriedenheit
Dieses Niyama lässt sich mit „Zufriedenheit“ oder „Bescheidenheit“ übersetzen und steht für eine zufriedene Geisteshaltung, die das annimmt, was ist.
- Ständig haben wir Erwartungen und sind enttäuscht, wenn diese nicht erfüllt wurden. Wir machen uns und unser Wohlbefinden immer wieder von äußeren Umständen abhängig.
- Die Yoga-Lehre empfiehlt hingegen, langwährende Zufriedenheit im Inneren zu finden, anstatt nach außen zu sehen. Nur wer akzeptiert, was ist, kann sich wirklich befreien und so unbeschwerter leben.
- Dabei kannst du ganz bewusst mit deinem Leben zufriedener werden, anstatt darauf zu warten.
3. Niyama: Tapas, die Selbstdisziplin
Das dritte der fünf Niyamas ist Tapas, was mit „Disziplin“ zu übersetzen ist. Dies wird als eine der wichtigsten Grundhaltungen im Yoga angesehen: Mit der nötigen Selbstdisziplin kann alles erreicht werden.
- In den meisten Fällen setzen wir uns selbst unnötige Grenzen auf, wenn wir glauben, wir seien für etwas nicht gut genug.
- Dabei können wir mentale Stärke trainieren und so die Kontrolle über uns und unser Leben gewinnen: Anstatt von schlechten Angewohnheiten und reaktionärem Verhalten kontrolliert zu werden, können wir selbstbestimmter leben und unser Schicksal selbst in die Hand nehmen.
4. Niyama: Svadhyaya, die Selbsterforschung
Das vierte Niyama ist Svadhyaya, das Erforschen oder Untersuchen des Selbst. Auf dem Weg zur Selbstverwirklichung müssen wir uns zunächst selbst kennenlernen und verstehen.
- Hierzu sind sämtliche Formen von Achtsamkeit nützlich: Beobachte dich, deinen Körper, deinen Geist und dein Verhalten genau. Werde dir deiner Angewohnheiten und Muster bewusst. Reflektiere dich selbst und erforsche dich mit der neutralen Neugier eines Wissenschaftlers.
- Mit einem besseren Verständnis für dich selbst wird es dir leichter fallen, deine Stärken und Schwächen zu erkennen und ausgehend davon zu deiner höchsten Version zu finden.
- Darüber hinaus ist das Studium der heiligen Schriften ein weiterer Aspekt dieses Niyamas. Im Yoga sind dies vor allem die Yoga Sutras, die Upanishaden oder die Bhagavad Gita. Für dich kann das aber auch die Bibel, die Thora, der Koran oder auch ein Buch sein, das aus ganz persönlich Gründen für dich heilig ist.
5. Niyama: Ishvarapranidhana, die Hingabe zu Gott
Ishvarapranidhana ist wohl das abstrakteste der fünf Niyamas. Übersetzen lässt sich der Begriff mit „Gottvertrauen“ oder „Hingabe zu Gott“, wobei hier das Wort „Gott“ wohl großes Potential für Missverständnisse birgt. Um dieses Niyama zu verstehen, empfiehlt es sich, sich von unserem vorgeprägten Bild von „Gott“ zu lösen und unseren Geist für ein offeneres Konzept zu öffnen.
- Gott kann für dich in diesem Zusammenhang etwas ganz Persönliches bedeuten. Vielleicht resonierst du besser mit den Begriffen Natur, Universum, Schicksal, Allseele oder Energie – oder löst dich vielleicht auch ganz von einem Begriff ab.
- Letztlich bedeutet Ishvarapranidhana, eine Geisteshaltung der Hingabe und des Vertrauens zu kultivieren – Ängste überwinden und stattdessen dem Fluss des Lebens zu vertrauen.
- Dabei können wir auch Gelassenheit lernen und so zu einem sorgloseren Leben finden.
Step by step: Die Niyamas ins Leben integrieren
Egal ob du dich selbst als Yogi oder Yogini betrachtest oder vielleicht noch nie auf der Yogamatte standest: Die Niyamas können jeden von uns zu einem gesünderen und zufriedeneren Leben inspirieren. Dazu brauchst du weder Räucherstäbchen noch Yogahosen, und musst auch keine Religion oder Dogmen annehmen.
Stattdessen kannst du ganz einfach überlegen, welche der Niyamas für dich persönlich wertvoll sind und inwiefern du diese gerne mehr in dein Leben integrieren möchtest. Die Yoga Sutras geben dabei den Raum, den Prozess der Selbstverwirklichung Schritt für Schritt zu gehen und nicht alles auf einmal umsetzen zu wollen.