Die Wim-Hof-Atmung soll unsere Gesundheit und unsere mentale Stärke fördern. Wie sie genau funktioniert und was die Wissenschaft dazu sagt, erfährst du hier.
Die Wim-Hof-Atmung ist eine der drei Säulen der sogenannten Wim-Hof-Methode. Benannt ist diese nach dem gleichnamigen Niederländer, der auch als „Ice Man“ bekannt ist. Er hält über 20 internationale Rekorde. So hielt er es unter anderem länger in einem Eisbad aus als jeder andere Mensch vor ihm.
Seine zahlreichen Erfolge, mit denen er regelmäßig die Grenzen des Möglichen austestet oder scheinbar überschreitet, führt er insbesondere auf eine spezielle Atemtechnik zurück. Diese wurde nicht von ihm erfunden, sondern ist schon seit langer Zeit bekannt. So basiert sie in ihren Grundzügen auf der sogenannten Tummo-Meditation, einer spezifischen buddhistischen Meditationstechnik.
Hof machte die Atemübung in der westlichen Welt bekannt und hat dank der medialen Aufmerksamkeit um seine Person zahlreiche Anhänger:innen, die die Atmung regelmäßig in ihren Alltag integrieren. Auch die Wissenschaft bestätigt zumindest teilweise die positiven Wirkungen der besonderen Technik.
So funktioniert die Wim-Hof-Atmung
Um dich mit der Wim-Hof-Atmung vertraut zu machen, kannst du dich die ersten Male per App, Video oder Audio durch die Atemübung führen lassen. Diese sind in der Regel kostenlos verfügbar. Alternativ kannst du dich an der folgenden Anleitung orientieren:
- Bring dich an einem ruhigen Ort in eine bequeme Position. Die Atemtechnik ist gerade am Anfang leichter umzusetzen, wenn du liegst. Du kannst dich aber auch auf den Boden oder einen Stuhl setzen.
- Für die erste Phase der Atmung atmest du nun 30 bis 40 Mal tief und zügig ein und aus. Atme dafür durch den Mund ein und aus. Hebe dafür bei jedem Atemzug zunächst den Bauch und anschließend den Brustkorb an. Bei der Ausamtung senken sich Bauch und Brust etwa gleichzeitig wieder.
- Achte darauf zwischen der Aus- und der nächsten Einatmung kaum Pause zu lassen. Diese erste Phase der Übung kommt dir am Anfang eventuell sogar etwas anstrengend vor.
- Nach dem letzten Atemzug folgt die zweite Phase. Dafür atmest du noch einmall vollständig aus und hälst dann den Atem nach dieser letzten Ausamtung an. Jetzt spürst du vielleicht, wie dein Herz anfängt langsamer zu schlagen. Eventuell ändert sich deine Körpertemperatur und deine Hände und Füße fangen zu kribbeln an. Nimm diese körperlichen Veränderungen bewusst wahr und gib dich dem Moment voll und ganz hin.
- Halte den Atem so lange an, wie es sich für dich gut anfühlt. Wenn der Drang wächst einzuatmen, gib diesem nach.
- Für die dritte und letzte Phase atmest du nun einmal tief und kräftig ein. Halte die Luft nun auf der Einatmung für zehn bis 15 Sekunden an.
- Atme aus und wiederhole die Übung je nach individueller Voraussetzung noch zwei- bis viermal.
- Wenn du die Übung abschließen möchtest, richte dich langsam wieder auf und lasse deinen Atem zu seinem normalen Rhythmus zurückkehren.
Beachte: Höre während der Übung auf die Signale deines Körpers. Atme nur so schnell und tief ein, wie es dir möglich ist und übersteige nicht deine individuellen Grenzen. Gerade wenn du die Übung nicht gewöhnt bist, kann dir schnell schwindlig werden. Auch wenn du den Atem länger hältst als dein Körper dir vorgibt oder zu viele Runden ausführst, entsteht schnell ein Schwindelgefühl. Im schlimmsten Fall kannst du ohnmächtig werden. Dies passiert nur äußerst selten. Bist du dir jedoch unsicher, ob die Übung zum Beispiel aufgrund von Vorerkrankungen für dich geeignet ist, ziehe auf jeden Fall ärztlichen Rat hinzu.
Was steckt hinter der Wim-Hof-Atmung?
Die Wim-Hof-Atmung beruht auf dem Prinzip der Hyperventilation. Das bedeutet, dass sich durch deine schnellen und tiefen Atemzüge mehr Sauerstoff im Blut anreichert. Der Anteil an Kohlenstoffdioxid sinkt. Dies spürst du durch das Kribbeln in Händen und Füßen. Eine Studie aus dem Jahr 2014 legt die Vermutung nahe, dass du dadurch deinen sogenannten Sympathikus beeinflussen kannst. Die Proband:innen der Studie setzten sich neben der Atemübung auch Kälte aus und trainierten eine bestimmte Variante der Meditation. Die Forschenden vermuten jedoch, dass die meisten festgestellten Effekte nur auf die Atemübung zurückzuführen sind.
Der Sympathikus ist Teil des vegetativen Nervensystems und dafür zuständig, den Körper in erhöhte Leistungsbereitschaft zu versetzen. Ob du durch die Atmung tatsächlich leistungsfähiger bist, ist fraglich. Die Wissenschaftler:innen fanden jedoch Hinweise darauf, dass die Proband:innen durch die bewusste Aktivierung des Sympathikus eine angeborene Immunantwort unterdrücken konnten. Dadurch stellten sich bei ihnen weniger grippeähnliche Symptome ein als bei der Kontrollgruppe. Demzufolge könnte die Atemtechnik vor allem bei Auto-Immun-Erkrankungen eingesetzt werden, bei denen eine Fehlsteuerung des Immunsystems vorliegt.
Auch Wim Hof selbst gibt an, dass er sein Immunsystem durch seine Atemtechnik und weitere Methoden bewusst steuern kann. So könne er Krankheitserreger besser bekämpfen und sei deshalb nie krank.
Auch der Psychologe Matthias Wittfoth bestätigt die positiven Effekte der Atemtechnik. Er leitet regelmäßig Kurse zur Wim-Hof-Methode. In einem Artikel von Deutschlandfunk Kultur führt er aus, dass wir unseren Körper mit der Wim-Hof-Atmung so trainieren können, dass er Stress besser aushält. So führen wir unserem Körper durch die Hyperventilation zunächst einmal Stress zu, allerdings in einem sicheren Rahmen und auf kontrollierte Art und Weise. Wir üben dadurch gewissermaßen, dem Stress körperlich und mental besser zu begegnen.
Kritik: Die Wissenschaft ist sich uneins
Auch wenn es einige Studien zur Wim-Hof-Atmung und den restlichen Bestandteilen der Wim-Hof-Methode gibt, zweifeln einige Forschende an den vermeintlich positiven Effekten. So konnte bislang nicht eindeutig wissenschaftlich bewiesen werden, wie sich die Atemübungen tatsächlich auf die Gesundheit auswirken und ob sie Infektionskrankheiten verringern können. Laut dem Team von „medizin transparent“ sind keine der Versprechen von Wim Hof belegbar.
Wenn du die Wim-Hof-Atmung jedoch in einem sicheren Rahmen und gemäß deinen gesundheitlichen Voraussetzungen ausführst, kannst du sie als Entspannungsmethode oder besondere Art der Meditation nutzen. So kannst du dann selbst feststellen, ob die Atemtechnik vielleicht deine mentale Stärke fördert oder dir einfach dabei hilft, ruhiger und gelassener zu werden.